Mittelstädte, deren Bevölkerung, Wirtschaft und/oder finanzielle Ressourcen eine stabile Entwicklung aufweisen, haben grundsätzlich günstigere Voraussetzungen als viele Kommunen anderer Typen, um Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung zu bewältigen. Die individuellen Voraussetzungen können dabei jedoch durch weitere strukturelle und historisch bedingte Faktoren stark variieren. So kann der Stabilitätsbegriff immer nur auf ausgewählte Aspekte der Stadtentwicklung angewendet werden und schließt positive und negative Entwicklungen im Gesamtspektrum der nachhaltigen Entwicklung nicht aus. Zudem ist die Gruppe der Kommunen mit stabiler Entwicklung naturgemäß die kleinste, da Ereignisse in den externen Rahmenbedingungen, aber auch interne Veränderungen diesen Zustand schnell in Wachstums- oder Schrumpfungsprozesse umwandeln können. In diesem Zusammenhang kommt dem Aufbau und der weiteren Förderung von Resilienz eine besondere Bedeutung zu, d.h. die Fähigkeit des Systems Stadt, akute Krisen bewältigen oder sich von diesen schnell erholen zu können sowie sich kontinuierlich anzupassen. Resilienz als Standortfaktor, der vor allem (kritische) Infrastrukturen als Grundlage für gesellschaftliche und wirtschaftliche Prozesse in den Blick nimmt, muss daher verstärkt Eingang in die politischen Agenden finden.
Empfehlung: Neuinanspruchnahme von Flächen reduzieren und ökologische Situation verbessern
Um die trotz der Stabilität der Kommunen einhergehenden Flächenverbräuche zu reduzieren, sollten Maßnahmen getroffen werden, die eine Neuinanspruchnahme von Flächen stoppen und die ökologische Situation der Kommunen verbessert.
Die Flächenindikatoren in den SDGs 11 und 15 zeigen auf, dass die Neuinanspruchnahme von Flächen bei Mittelstädten mit stabiler Entwicklung rasant ansteigt, während der Anteil an Naherholungsflächen abnimmt. Zusätzlich müssen sich die Kommunen mit der Entwicklung ihrer ökologischen Situation auseinandersetzen.
Um die Neuinanspruchnahme zu stoppen, müssen sich Städte zunächst die Frage stellen, ob eine Ausweisung von Neubaugebieten wirklich alternativlos und zum Vorteil der Kommune ist. Die Gemeindevertretung könnte z.B. Flächensparziele und Leitlinien einer lokal angepassten Flächensparpolitik festlegen, die aufgrund einer umfassenden Datenbasis geplant werden. Das Wissen um vorhandene Flächenpotenziale und Leerstände im Bestand ist dabei von großem Wert. Außerdem wäre ein Baulandkataster sinnvoll, welches Baulücken und geringfügig bebaute Grundstücke sowie falsch oder unzureichend genutzte Flächen erfasst, die in absehbarer Zeit aus öffentlich-rechtlicher Sicht bebaubar sind.
Empfehlung: Haushaltslage durch „Nachhaltigkeitssteuerung“ stabilisieren
Die Finanz- und Haushaltslage von Mittelstädten mit stabiler demographischer Entwicklung stellt sich im Vergleich zu anderen Kommunaltypen eher durchwachsen bis negativ dar – auch wenn die durchschnittliche Dynamik des Finanzmittelsaldos in den vergangenen zehn Jahren vergleichsweise positiv war. Um die fiskalischen Spielräume der Mittelstädte zu verstetigen, bedarf es detaillierter Analysen und mittel- und langfristiger Strategien auf der Ausgaben- und Einnahmenseite.
Um die finanziellen Handlungsspielräume der Kommune zu erhöhen, bieten sich diverse Maßnahmen an. Neben den „klassischen“ Optionen, wie etwa eine Erhöhung der Hebesätze auf die Grundsteuer A und B sowie der Gewerbesteuer, die politisch immer umstritten sind, bieten sich aber auch die Hebung von finanziellen Einsparpotenzialen durch Klimaschutzmaßnahmen, die Ausschöpfung der rechtlich zulässigen Gebührenhöhe, eine Einführung von Lenkungssteuern im Rahmen des kommunalen Steuerfindungsrechts, die zweckgebundene Verwendung von Einnahmen (z.B. Konzessionsabgaben), eine gezielte Nutzung alternativer Finanzierungsformen (z.B. Klimaschutzfonds, Contracting, Crowdfunding etc.) sowie eine klimaschutzorientierte Ausrichtung von Konzessionsabgaben, Tarifen und Entgelten für Energie, Abfall und Wasser an.
Die eher schwache Entwicklung der Haushaltslage in der Mehrzahl der Kommunen dieses Typs kann von den Städten genutzt werden, um im Rahmen einer nachhaltigen Stadtentwicklungsstrategie mittel- bis langfristige Investitionen in die öffentlichen Infrastrukturen in einer priorisierten Weise voranzutreiben, um die CO2-Bilanz öffentlicher Gebäude, Verkehrswege und Naherholungsflächen substanziell zu verbessern. Solche strategischen Ansätze generieren zwar keine unmittelbaren und substantiellen Haushaltseffekte. Allerdings können Investitionsstrategien – insbesondere, wenn sie auf eine systematische Hebung von Stadt-Umland-Synergien zielen – mittel- und langfristig die kommunalen Finanzen stabilisieren. Wird ein solcher Ansatz dann noch zusätzlich durch die Einführung eines Nachhaltigkeitshaushalts ergänzt, können Nachhaltigkeitsziele und -kennzahlen in den (doppischen) Haushalt integriert werden, so dass die Haushaltspolitik einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der Kommune leistet.