Städtische Kreise, deren Bevölkerung, Wirtschaft und/oder finanzielle Ressourcen eine stabile Entwicklung aufweisen, haben grundsätzlich günstigere Voraussetzungen als viele Kommunen anderer Typen, um Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung zu bewältigen. Die individuellen Voraussetzungen können dabei jedoch durch weitere strukturelle und historisch bedingte Faktoren stark variieren. So kann der Stabilitätsbegriff immer nur auf ausgewählte Aspekte der Stadtentwicklung angewendet werden und schließt positive und negative Entwicklungen im Gesamtspektrum der nachhaltigen Entwicklung nicht aus. Zudem ist die Gruppe der Kommunen mit stabiler Entwicklung naturgemäß die kleinste, da Ereignisse in den externen Rahmenbedingungen, aber auch interne Veränderungen diesen Zustand schnell in Wachstums- oder Schrumpfungsprozesse umwandeln können. In diesem Zusammenhang kommen dem Aufbau und der weiteren Förderung von Resilienz eine besondere Bedeutung zu, d.h. die Fähigkeit des „Systems Stadt“, akute Krisen zu bewältigen oder sich von diesen schnell erholen zu können sowie sich kontinuierlich anzupassen. Resilienz als Standortfaktor, der vor allem (kritische) Infrastrukturen als Grundlage für gesellschaftliche und wirtschaftliche Prozesse in den Blick nimmt, muss daher verstärkt Eingang in die politischen Agenden finden.
Empfehlung: Bessere Nutzung der Potenziale ausländischer Arbeitnehmer
Insgesamt ist die Situation auf dem Arbeitsmarkt in diesem Kreistyp nicht auffällig, so dass, wie andernorts auch, grundsätzlich alle Maßnahmen einer an nachhaltiger Entwicklung orientierten Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik angeraten sind: Förderung innovativer und zukunftsfähiger Branchen, Stärkung der lokalen Ökonomie, Unterstützung bei Maßnahmen nachhaltigen Wirtschaftens, inklusive und integrative Beschäftigungsförderung usw. Vor dem Hintergrund des absehbaren und teilweise heute schon ausgeprägten Arbeitskräftemangels insbesondere in Dienstleistungsbereichen, wie etwa im Bereich Gesundheit und Pflege, aber z.B. auch in hochqualifizierten Berufen im MINT-Sektor (Mathematik, Informatik, Natur- und Ingenieurwissenschaft und Technik), sollte insbesondere das vergleichsweise geringe Wachstum bei der Beschäftigungsquote von Ausländer:innen im Verhältnis zur Beschäftigungsquote der Gesamtbevölkerung Anlass für Interventionen sein. So bietet es sich allgemein an, zusammen mit den wirtschaftlichen Akteur:innen im Kreis bei ausländischen Arbeitskräften für den Wirtschaftsstandort und für eine attraktive Beschäftigung nicht nur in diesen Branchen zu werben. Insbesondere sollte die Beschäftigung von Geflüchteten im ersten Arbeitsmarkt gefördert werden – ein Beitrag sowohl zur Integration als auch zur Wirtschaftsförderung.
Empfehlung: Reduzierung des Flächenverbrauchs und Erhalt von Naherholungsflächen
Um Flächenverbräuche in Kommunen mit stabiler Entwicklung zu reduzieren, müssen Maßnahmen getroffen werden, die eine kompakte Siedlungsentwicklung mit angemessenen Freiräumen ermöglichen. Auch muss der individuelle Anstieg der Wohnfläche je Einwohner:in thematisiert werden, der als ein Haupttreiber dieser Entwicklung vermutet werden kann.
Die Flächenindikatoren in SDG 11 zeigen auf, dass bei städtischen Kreisen mit stabiler Entwicklung im Vergleich zu anderen Kreisen ein hoher Handlungsbedarf bei der Neuinanspruchnahme von Flächen besteht. Außerdem sollte die Versorgung mit Naherholungsflächen überdacht und Maßnahmen, die die Qualität, den Umfang und die Zugänglichkeit kommunaler Grünflächen verbessern, ergriffen werden.
Kommunen dieses Kreistyps sollten Instrumente zur Verringerung einer Neuinanspruchnahme von Flächen einsetzen. Neben sozio-demografischen und ökonomischen Informationen sind dabei besonders das Wissen um und die Nutzung von vorhandenen Flächenpotenzialen und Leerständen im Bestand von Bedeutung. Die Bundesregierung nennt dieses Prinzip „Erhalt vor Aus- und Neubau“; es beinhaltet eine verstärkte Innenentwicklung sowie die Aufbereitung und Nutzung von Brachflächen. Außerdem könnten ein entsprechender politischer Grundsatzbeschluss und damit verbundene Ziele, Strategien und Maßnahmen zu einer Verringerung der kommunalen Flächenneuinanspruchnahme führen.
Der Kommunaltyp weist zudem einen Anstieg der Mietpreise auf. Eine temporäre Preisregulierung könnte demnach von Vorteil sein, um unter den Bedingungen eines strukturellen Nachfrageüberhangs und des u.a. aus der Nullzinspolitik resultierenden, auch internationalen Anlagedrucks eine Dämpfung der Bodenpreisentwicklung zu erreichen.
Maßnahmen zum Erhalt kommunaler Grünflächen können ergriffen werden, indem neue Grünflächen errichtet und Merkmale und Funktionen bestehender Grünflächen verändert werden. Dies könnte u.a. durch einen erleichterten Zugang zu kommunalen Wäldern, Forsten und Naturschutzgebieten, kleine kommunale Grünflächen (wie Gärten oder sogenannte „Pocket-Parks“), Spielplätze und Küsten-, Flussufer- oder Seeuferwege, die Grünflächen mit Wasserflächen verbinden, umgesetzt werden. Vor allem könnte dies für sozial benachteiligte und unterversorgte Gruppen der Gemeinschaft von Vorteil sein, die häufig weniger Zugang zu Grünflächen haben.
Empfehlung: Mit interkommunaler Kooperation im Kreis den Kreishaushalt entlasten
Auch wenn die Steuereinnahmen der stabilen städtischen Kreise im Vergleich zu anderen Kreistypen unterdurchschnittlich sind und der Finanzmittelsaldo und die Liquiditätskredite stark negativ ausfallen, haben doch auch die Kreise dieses Kreistyps in der Durchschnittsbetrachtung von der allgemein positiven wirtschaftlichen und fiskalischen Entwicklung bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie profitiert. Darauf verweisen die positiven Mittelwerte für die dynamische Entwicklung der Jahre 2008 bis 2017 – insbesondere beim Finanzmittelsaldo und bei den Liquiditätskrediten.
Um die Haushaltslage der städtischen Kreise zu stabilisieren ließe sich über eine Intensivierung von interkommunalen Kooperationen innerhalb des Kreises nachdenken – insbesondere mit Blick auf die Ansiedlung neuer Unternehmen und die Clusterbildung bestehender Unternehmen, um auf diese Weise ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu fördern und entsprechende Steuermehreinnahmen zu generieren. Dazu wäre zum einen eine stärkere Koordinierung der Wirtschaftsförderaktivitäten der kreisangehörigen Städte und Gemeinden durch den Kreis bzw. eine stärkere Abstimmung der Aktivitäten unter den kreisangehörigen Städten und Gemeinden überlegenswert. Zum anderen wäre aber auch eine Forcierung der gemeinsamen Fördermittelbeantragung vorstellbar – insbesondere, um Synergien bei Investitionsmaßnahmen zu erzielen und so den Kreishaushalt zu entlasten.