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HandlungsempfehlungenHandlungsempfehlungen für wachsende Großstädte (G1.1)

21. August 2025

Großstädte, deren Bevölkerung, Wirtschaft und/oder finanzielle Ressourcen wachsen, haben grundsätzlich günstigere Voraussetzungen als viele Kommunen anderer Typen, um Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung zu bewältigen. Die individuellen Voraussetzungen können dabei jedoch durch weitere strukturelle und historisch bedingte Faktoren stark variieren. Die demographischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eröffnen in diesen Kommunen jedoch in der Regel ein Umfeld, das die Bürgerschaft dazu motiviert, sich an Veränderungsprozessen zu beteiligen. Gleichzeitig können öffentliche Investitionen aufgrund der meist positiven Haushaltsentwicklung getätigt und vorangetrieben werden – nicht zuletzt aufgrund der Bevölkerungszuwächse. Dieses Wachstum der Kommunen geht jedoch nicht in jeder Hinsicht mit positiven Entwicklungen einher. Nur ein strategisch gesteuertes Wachstum kann ökologischen und sozialen Ansprüchen an eine nachhaltige Entwicklung gerecht werden.

Empfehlung: Soziale Integration fördern und Maßnahmen zur Armutsprävention ergreifen

Angesichts hoher Quoten in der Inanspruchnahme von Sozialleistungen und der erhöhten Rate von Kinder-, Jugend- und Altersarmut sollten gezielte Maßnahmen zur Armutsbekämpfung und sozialen Integration etabliert werden. Grundlegend ist, die Kommunalpolitik für das Thema zu sensibilisieren: Armut (und im Besonderen Altersarmut) ist nach wie vor vielerorts ein Tabuthema und es sind häufig Anstrengungen gefragt, dem Thema eine höhere Priorität zu geben – insbesondere, da bei den hier abgebildeten Indikatoren von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden muss. Der Umgang mit Armut ist eine kommunale Querschnittsaufgabe: Handlungsmöglichkeiten bestehen in der Förderung von Bildungs- und Qualifikationsangeboten, der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und der Stärkung sozialer Infrastrukturen in benachteiligten Stadtteilen. Diese Maßnahmen können zur Verringerung der sozialen Ungleichheit beitragen und langfristig die Armutsquote senken. Die Kooperation zwischen der Sozialverwaltung und der Raumplanungsverwaltung ist entscheidend, um den sozialräumlichen Ansatz zu fördern und die bisher getrennten Ansätze weiterzuentwickeln. Dabei sollte auch die Datenkompatibilität zwischen den Verwaltungen frühzeitig in den Blick genommen werden.

Ältere Menschen müssen mit unterschiedlichen Angeboten über Netzwerke, Multiplikator:innen und in der Quartiersarbeit aufgesucht werden; die Kooperation und Vernetzung zwischen Kommunalverwaltung, freien Trägern der Wohlfahrtspflege und Interessenvertretungen (wie z. B. Seniorbeiräten) spielt eine wichtige Rolle. Auch eine Stärkung von Ehrenamtsbörsen kann als Maßnahme angewandt werden, um das Angebot für ältere Menschen auszubauen. Es ist zu erwarten, dass sich das Problem der Altersarmut in der Zukunft insgesamt noch verschärfen wird. Insofern ist die Prävention von und der Umgang mit bereits bestehender Kinder- bzw. Familienarmut auch dafür von besonderer Bedeutung. Hier spielen Präventionsketten, in denen Kindertagesstätten, Familienzentren, Schulen und Nachbarschaftszentren sozialraumorientiert zusammenarbeiten, eine zentrale Rolle. Besonderes Augenmerk sollte auf der Entlastung von Alleinerziehenden liegen, da diese insgesamt stärker armutsgefährdet sind. Ein kleinräumiges Sozialmonitoring kann anzeigen, welche Quartiere besonderen Förder- und Investitionsbedarf haben. Darüber hinaus können finanzielle Unterstützungsleistungen die Zugangsberechtigungen von Kindern und Jugendlichen auch beispielsweise zu Sportvereinen, Schulfahrten, außerschulischen Bildungsangeboten und Lernhilfen sowie Lernmaterial verbessern. Die Verringerung der Luftverschmutzung sollte auch unter dem Gesichtspunkt der Umweltgerechtigkeit angegangen werden.

Empfehlung: Arbeitsmarktintegration und Beschäftigungsmöglichkeiten für ältere Menschen verbessern

Um die hohe Langzeitarbeitslosigkeit und den Anteil der Aufstocker:innen zu senken, sollten Maßnahmen zur Förderung hochwertiger Beschäftigung geschaffen werden, etwa durch gezielte Programme zur beruflichen Qualifikation und Weiterentwicklung sowie durch Partnerschaften mit lokalen Unternehmen. Ebenso könnten die Unterstützung von Existenzgründungen und die Stärkung von Wirtschaftsnetzwerken die wirtschaftliche Vielfalt fördern und gleichzeitig Arbeitsplätze in der Stadt schaffen.

In den Jahren bis 2017 ist die Beschäftigungsquote bei den 55- bis 64-Jährigen in Deutschland insgesamt deutlich angestiegen. Dies liegt unter anderem am demographischen Wandel („Alterung der Belegschaften“), ausgelaufenen Vorruhestandsregelungen und einer stärkeren Nachfrage nach Arbeitskräften insgesamt. Dass diese Entwicklung in wachsenden Großstädten nicht so stark ausgeprägt ist wie andernorts, legt es nahe, dieser Bevölkerungsgruppe in der kommunalen Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Insbesondere für die Menschen in den rentennahen Jahrgängen – und hier wiederum bei den geringer Qualifizierten – sollte verstärkt auf eine größere Beschäftigungssicherheit bis zum Renteneinstieg hingearbeitet werden. Auch und gerade diese Menschen sollten nach einem langen Erwerbsleben an der positiven wirtschaftlichen Entwicklung der Städte partizipieren können. Die Wirtschaftsförderungseinrichtungen könnten und sollten dazu mit den Unternehmensverbänden und in den Unternehmensnetzwerken – etwa im Rahmen einer Initiative „Gute Arbeit für Ältere“ – für ein gemeinsames Handeln werben. Auch Aktivitäten zu einer stärkeren Weiterbildungsförderung gerade bei älteren Menschen sollten angestoßen werden.

Empfehlung: Grüne Infrastruktur ausbauen und Flächenverbrauch reduzieren

Der Zugang zu Naherholungs- und Naturschutzflächen ist in wachsenden Großstädten begrenzt. Hier sollten zusätzliche grüne Infrastrukturen gefördert werden, um die Lebensqualität und die ökologische Vielfalt zu steigern. Maßnahmen wie die Umwidmung von Brachflächen in öffentliche Parks oder die Schaffung von Grünflächen entlang von Verkehrswegen könnten zur Verbesserung der Erholungsmöglichkeiten und zur Verringerung des Nutzungsdrucks auf die Natur beitragen. Ansätze wie die Multicodierung von Flächen können beispielsweise zu einer gleichzeitigen Förderung von Sportangeboten im öffentlichen Raum führen. Die Qualifizierung von Grünflächen kann Begegnungen von Bürger:innen ermöglichen. Bei all diesen Maßnahmen ist vor allem auf die Beteiligung der potenziellen Nutzergruppen zu achten, um partizipativ (z. B. durch Bevölkerungsbefragungen oder Dialogformate) räumliche Lösungen zu entwickeln. Das Prinzip der Umweltgerechtigkeit ist dabei stets zu berücksichtigen.

Gleichzeitig können verschiedene Maßnahmen für eine Reduzierung des Flächenverbrauchs ergriffen werden. Diese reichen von einem politischen Grundsatzbeschluss zum Flächensparen über detaillierte Baulandkataster, Fördermaßnahmen zugunsten von Innenentwicklung und flächensparendem Bauen, interkommunale Aktivitäten wie gemeinsame Gewerbegebiete bis hin zur Durchsetzung des Baugebotes nach § 176 des Baugesetzbuches (BauGB). Eine Reduzierung des Flächenverbrauchs könnte weitestgehend durch eine verstärkte Innenentwicklung und die Aufbereitung und Nutzung von Brachflächen gelingen. Konkret bedeutet das, dass Siedlungsflächen und die damit verbundene Verkehrserschließung nicht weiter ausgebaut, sondern vorhandene Siedlungs- und Verkehrsflächen besser genutzt werden. Die Bundesregierung nennt dieses Vorgehen „Erhalt vor Aus- und Neubau“; Baulücken und geringfügig bebaute Grundstücke sowie falsch oder unzureichend genutzte Flächen müssen dafür beispielsweise in einem Baulandkataster erfasst werden.