Kleinere Kleinstädte, deren Bevölkerung, Wirtschaft und/oder finanzielle Ressourcen wachsen, haben grundsätzlich günstigere Voraussetzungen als viele Kommunen anderer Typen, um Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung zu bewältigen. Die individuellen Voraussetzungen können dabei jedoch durch weitere strukturelle und historisch bedingte Faktoren stark variieren. Die demographischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eröffnen in diesen Kommunen jedoch in der Regel ein Umfeld, das „neue“ Bürger:innen dazu motiviert, sich an Veränderungsprozessen zu beteiligen. Gleichzeitig können öffentliche Investitionen aufgrund der meist positiven Haushaltsentwicklung getätigt und vorangetrieben werden – nicht zuletzt aufgrund der Bevölkerungszuwächse. Dieses Wachstum der Kommunen geht jedoch nicht in jeder Hinsicht mit positiven Entwicklungen einher. Nur ein strategisch gesteuertes Wachstum kann ökologischen und sozialen Ansprüchen an eine nachhaltige Entwicklung gerecht werden.
Empfehlung: Spezifische Maßnahmen einer nachhaltigkeitsorientierten Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik durchführen
Gemeinden, die diesem Gemeindetyp angehören, weisen bei den Ausprägungen der Indikatoren zu den SDGs 8 und 9, „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“ sowie „Industrie, Innovation und Infrastruktur“, keine großen Abweichungen gegenüber dem Durchschnitt aller Städte und Gemeinden auf. Damit sind, wie andernorts auch, grundsätzlich alle Maßnahmen einer an nachhaltiger Entwicklung orientierten Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik angeraten: Förderung innovativer und zukunftsfähiger Branchen, Stärkung der lokalen Ökonomie, Unterstützung bei Maßnahmen nachhaltigen Wirtschaftens, inklusive und integrative Beschäftigungsförderung, etc...
Diese Durchschnittsbetrachtung verdeckt allerdings, dass dem Typ der „wachsenden Kleinstädte und Gemeinden“ Kommunen mit ganz unterschiedlichem Status Quo und unterschiedlichen Entwicklungstendenzen bei den Nachhaltigkeitsindikatoren angehören. Je nach spezifischer Problemlage sind dann auch jeweils andere Empfehlungen relevant. Ist z.B. der Anteil der Hochqualifizierten stark unterdurchschnittlich, so gilt es für solche Kleinstädte und Gemeinden – gerade vor dem Hintergrund des Wachstums der Kommunen und den daraus entstehenden Bedarfen auf Seiten der Wirtschaft –, dass sie sich aktiv um Hochqualifizierte und wissensintensive Unternehmen bemühen sollten. Eine Möglichkeit dazu sind gezielte Werbemaßnahmen der Wirtschaftsförderung gemeinsam mit interessierten Unternehmen auf Job-Messen und Recruiting-Veranstaltungen. Dabei müssen die Besonderheiten der Gemeinde und Region herausgestellt werden, wie etwa attraktive Lebensbedingungen, ein interessantes Freizeitangebot oder attraktive Kinderbetreuungs und Bildungsangebote. Manche Regionen bemühen auch heute schon gezielt und erfolgreich um Rückkehrer, die nach ihren „Lern- und Lehrjahren in der Welt“ wieder die Qualitäten der Heimatregionen neu schätzen lernen.
Kleinstädte und Gemeinden mit einer überproportional hohen (Langzeit-)Arbeitslosenquote sollten zusammen mit der regionalen Arbeitsagentur und der Wirtschaft darauf hinwirken, dass insbesondere die Konkurrenzfähigkeit von Menschen, die kaum noch Zugänge zum ersten Arbeitsmarkt finden, erhöht wird. Das kann durch konkrete Qualifizierungsmaßnahmen geschehen, insbesondere auch bei geringqualifizierten Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Dabei ist die Struktur der Umschulungen und anderer Qualifizierungsmaßnahmen der Berufsstruktur neu entstehender Beschäftigungsverhältnisse bzw. von Tätigkeitsbereichen mit Arbeitskräftemangel in der Region anzunähern. Ein wichtiger Beitrag wäre es auch, die Rahmenbedingungen zu verbessern, unter denen es (Langzeit)Arbeitslosen möglich ist, wieder eine Teil- oder Vollzeittätigkeit aufzunehmen, z.B. kostenlose Betreuungsangebote für Kinder, Entlastung bei der Pflege von Angehörigen oder kostenlose Beratungsangebote. Dies sind Maßnahmen, die auch bei einem überdurchschnittlich hohen Anteil an „Aufstocker:innen“ helfen können. Viele von ihnen sind geringfügig oder in Teilzeit beschäftigt und könnten damit ggf. wieder mehr arbeiten und ihr Einkommen erhöhen.
Empfehlung: Vorhandene Flächen nutzen, statt neue in Anspruch zu nehmen
Um die mit dem Wachstum der Kommunen einhergehenden Flächenverbräuche zu reduzieren, müssen Maßnahmen getroffen werden, welche den Nutzen vorhandener Flächen und den Anteil an Naturschutzflächen fördert. Die Flächenindikatoren in den SDGs 11 und 15 zeigen auf, dass wachsende Kleinstädte im Vergleich zu anderen Städten verhältnismäßig viel Wohnfläche vorweisen, aber diese nicht intensiv in Anspruch nehmen. Das Wissen um vorhandene Flächenpotenziale und Leerstände im Bestand sollte genutzt werden, um eine mittel- bis langfristig ausgelegte, themenübergreifende Gesamtentwicklungsstrategie zu entwickeln. Wichtig dabei sind vor allem Leitlinien einer lokal angepassten Flächensparpolitik, die auf einer aussagekräftigen Datengrundlage beruhen.