Mittelstädte, deren Bevölkerung, Wirtschaft und/oder finanzielle Ressourcen wachsen, haben grundsätzlich günstigere Voraussetzungen als viele Kommunen anderer Typen, um Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung zu bewältigen. Die individuellen Voraussetzungen können dabei jedoch durch weitere strukturelle und historisch bedingte Faktoren stark variieren. Die demographischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eröffnen in diesen Kommunen jedoch in der Regel ein Umfeld, das die Bürgerschaft dazu motiviert, sich an Veränderungsprozessen zu beteiligen. Gleichzeitig können öffentliche Investitionen aufgrund der meist positiven Haushaltsentwicklung getätigt und vorangetrieben werden – nicht zuletzt aufgrund der Bevölkerungszuwächse. Dieses Wachstum der Kommunen geht jedoch nicht in jeder Hinsicht mit positiven Entwicklungen einher. Nur ein strategisch gesteuertes Wachstum kann ökologischen und sozialen Ansprüchen an eine nachhaltige Entwicklung gerecht werden.
Empfehlung: Frühkindliche Betreuungsangebote zur Verbesserung von Bildungschancen ausbauen
Der Ausbau von Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren sollte für wachsende Mittelstädte eine hohe Priorität haben, um die Bildungschancen der Kinder unabhängig von Herkunft, Bildungsstand und Einkommen der Eltern sicherzustellen. Hier muss die jeweilige Kommune individuell und kleinräumig prüfen, ob bzw. wo dies vor allem durch die bessere Verfügbarkeit von adäquaten Betreuungsangeboten geschehen muss. Neben dem Bau zusätzlicher Kindertagesstätten könnten flexible und alternative Betreuungsmodelle gefördert werden, wie z. B. betriebseigene Kitas und Tagespflegeeinrichtungen. Dieser Ausbau stärkt die Chancengerechtigkeit für junge Familien und fördert die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, was die Stadt für junge Arbeitskräfte attraktiver macht und langfristig zu einer stabilen Bevölkerungsentwicklung beitragen kann. Dabei sollte eine quartiersbezogene Kontextualisierung berücksichtigt werden, die Stadtteile als Lernlandschaften einbindet. Empfohlen wird zudem der weitere Ausbau der Ganztagsbetreuung sowie die gezielte Einbindung von Akteuren wie dem Jugendamt und Wirtschaftsverbänden an geeigneten Stellen.
Empfehlung: Nachhaltiges Gründungsökosystem fördern
Wachsende Mittelstädte, die bereits leicht überdurchschnittliche Gründungszahlen aufweisen, sollten dieses Potenzial weiter stärken. Um das wirtschaftliche Potenzial in wachsenden Mittelstädten weiter auszubauen und eine resiliente Wirtschaft zu fördern, könnte die Kommune gezielt Maßnahmen ergreifen, um ein nachhaltiges Gründungsökosystem zu etablieren. Hierzu kann die Stadt erschwingliche und flexibel nutzbare Gewerbeflächen sowie Co-Working-Spaces bereitstellen. Diese könnten durch kommunale Unterstützung oder Subventionen besonders für Start-ups attraktiv gestaltet werden und so den Gründer:innen eine kostengünstige Arbeitsumgebung bieten. Durch solche gemeinschaftlich genutzten Arbeitsräume in zentraler Lage werden der Austausch von Ideen und die Zusammenarbeit verschiedener Gründungsteams gefördert. Zudem könnten kommunale Förderprogramme durch finanzielle Anreize wie Startkapitalzuschüsse oder Darlehen mit niedrigen Zinssätzen den Einstieg erleichtern. Kommunale Innovationswettbewerbe mit Preisgeldern oder Zuschüssen zur Teilnahme an Messen können Erfolg versprechende Gründungsideen fördern und den Zugang zu weiteren Finanzmitteln erleichtern.
Zusätzlich ist die Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen in der Region ein wichtiger Faktor: Kooperationen mit Hochschulen und Berufsschulen schaffen nicht nur ein stabiles Fundament für Innovation, sondern fördern auch die Verfügbarkeit von talentierten Arbeitskräften. Durch den Aufbau von Gründerzentren oder gemeinsamen Praktikumsprogrammen können Gründungsteams gezielt mit Fachkräften und kreativen Partnern vernetzt werden. Durch diese Maßnahmen schafft die Kommune eine starke Basis für ein nachhaltiges Gründungsökosystem, das langfristig Arbeitsplätze und ein dynamisches, wirtschaftlich robustes Umfeld für die Stadt und ihre Bewohner:innen sichert.
Empfehlung: Nachhaltige Verkehrsinfrastrukturen und Grünflächen ausbauen
Um sowohl die Verkehrs- als auch die Umweltbedingungen zu verbessern, sollten wachsende Mittelstädte ihre Investitionen in eine nachhaltige Infrastruktur und den Ausbau von Naherholungs- sowie Grünflächen intensivieren. Die Gestaltung sicherer Radwege und Fußgängerbereiche könnte die Verkehrssicherheit und die Mobilitätsqualität verbessern, was eine Reduzierung der Verkehrsflächen und Emissionen bewirken kann. Die Qualifizierung und Multicodierung von bestehenden Grünflächen und Entwicklung neuer Grünflächen könnten die ökologische Qualität steigern und den Bürger:innen Zugang zu Erholungsgebieten bieten, was sowohl zur Lebensqualität als auch zur Attraktivität des Standorts beiträgt. Weitere Maßnahmen sollten eine verstärkte Entsiegelung und Ansätze wie die Dach- und Fassadenbegrünung beinhalten. Urbane Gärtnergemeinschaften spielen zudem eine wichtige Rolle was den Erhalt urbaner Gärten und den Schutz von Biodiversität betrifft, und sollten ebenfalls gefördert werden.
Zum aktiven Flächenmanagement gibt es eine große Bandbreite an Instrumenten, die je nach den individuellen Voraussetzungen einer Kommune entsprechend eingesetzt werden können. Eine mittel- bis langfristig ausgelegte, themenübergreifende Gesamtentwicklungsstrategie, die auf aussagekräftigen Datengrundlagen beruht, sollte zunächst angestoßen oder weiterentwickelt werden. Um die so identifizierten Innenentwicklungspotenziale zu nutzen, ist es unverzichtbar, dass Grundstückseigentümer:innen frühzeitig eingebunden werden. Allerdings muss die Umsetzung des Baugebotes für die Eigentümer:innen finanziell zumutbar sein. Dabei können eine größere Transparenz über die Kosten der Flächeninanspruchnahme und ökonomische Anreize zum Flächensparen sowie übergemeindliche Instrumente zur Steuerung einer nachhaltigen Flächennutzung unterstützend wirken.