Größere Kleinstädte, deren Bevölkerung, Wirtschaft und oder/finanzielle Ressourcen eine stabile Entwicklung haben, zeichnen sich durch vielfältige Stärken in der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit aus, stehen jedoch zugleich vor spezifischen Herausforderungen, die gezielte Handlungsempfehlungen erfordern. Die individuellen Voraussetzungen können dabei jedoch durch weitere strukturelle und historisch bedingte Faktoren stark variieren. So kann der Stabilitätsbegriff immer nur auf ausgewählte Aspekte der Stadtentwicklung angewendet werden und schließt positive und negative Entwicklungen im Gesamtspektrum der nachhaltigen Entwicklung nicht aus. Zudem ist die Gruppe der Kommunen mit stabiler Entwicklung naturgemäß die kleinste, da Ereignisse in den externen Rahmenbedingungen, aber auch interne Veränderungen diesen Zustand schnell in Wachstums- oder Schrumpfungsprozesse umwandeln können. In diesem Zusammenhang kommt dem Aufbau und der weiteren Förderung von Resilienz eine besondere Bedeutung zu, d. h. die Fähigkeit des „Systems Stadt“, akute Krisen bewältigen oder sich von diesen schnell erholen zu können sowie sich kontinuierlich anzupassen. Resilienz als Standortfaktor, der vor allem (kritische) Infrastrukturen als Grundlage für gesellschaftliche und wirtschaftliche Prozesse in den Blick nimmt, muss daher verstärkt Eingang in die politischen Agenden finden und alle relevanten Akteure frühzeitig einbinden.
Empfehlung: Mit Nachhaltigkeitsinvestitionen soziodemographische Stabilität erhalten
Die Finanzlage der größeren Kleinstädte mit stabiler demographischer Entwicklung stellt sich im Durchschnitt als eher schwach dar. Dies zeigen vor allem der durchschnittliche Finanzmittelsaldo, der eher gering ist, und die Situation bei den Steuereinnahmen, die im Durchschnitt und im Vergleich zu anderen Gemeindetypen ebenfalls eher gering waren. Bei den Liquiditätskrediten zeigt sich im Zeitverlauf eine unterdurchschnittlich deutlich schlechtere Entwicklung als in den anderen Städte- und Gemeindetypen. Auch wenn dieser Kommunaltyp vergleichsweise nicht am schlechtesten in der Lage ist, seine laufenden Ausgaben bzw. Aufwendungen aus laufenden Einnahmen bzw. Erträgen zu decken, leidet in diesen Fällen nicht selten die öffentliche Investitionstätigkeit. Um eine positive soziodemographische Stabilität der größeren Kleinstädte auch mittel- und langfristig zu wahren bzw. aufzubauen, sollte mittels entsprechender Investitionsstrategien in nachhaltige soziale und technische Infrastrukturen investiert werden. Hierzu sind entsprechende Be- und Zustandserfassungen erforderlich, um auf dieser Basis Investitionsprioritäten politisch für mehrere Jahre festzulegen.
Um die finanziellen Handlungsspielräume der größeren Kleinstädte zu verbessern, bieten sich diverse Maßnahmen an. Neben den „klassischen“ Optionen wie der Erhöhung der Hebesätze der Grundsteuer A und B sowie der Gewerbesteuer, die politisch stets umstritten sind, bietet sich auch die Erschließung finanzieller Einsparpotenziale durch Klimaschutzmaßnahmen an. Weitere Optionen sind die Ausschöpfung des gesetzlich zulässigen Gebührenrahmens, die Einführung von Lenkungssteuern im Rahmen des kommunalen Steuerfindungsrechts, die zweckgebundene Verwendung von Einnahmen (z. B. Konzessionsabgaben), die gezielte Nutzung alternativer Finanzierungsformen (z. B. Klimaschutzfonds, Contracting, Crowdfunding etc.) sowie die klimaschutzorientierte Ausrichtung von Konzessionsabgaben, Tarifen und Gebühren für Energie, Abfall und Wasser.
Empfehlung: Infrastrukturen des Standorts für einen attraktiven Wohn- und Arbeitsort stärken
Kleinstädte verfügen ebenfalls über Qualitäten, die gerade in den letzten Jahren auch für Hochqualifizierte wieder an Bedeutung gewonnen haben: eine enge Verbindung zur Natur, kurze Wege im Alltag, erschwinglicher Wohnraum, ein starkes soziales Netzwerk und vieles mehr. Auch für wissensintensive Unternehmen, die auf hoch qualifizierte Arbeitskräfte angewiesen sind, spielen solche Faktoren eine immer größere Rolle. Dabei ist jedoch entscheidend, dass die relevanten harten Standortfaktoren zumindest in ausreichendem Maße vorhanden sind – beispielsweise eine gute Verkehrsanbindung sowie attraktive Gewerbeflächen und Immobilien.
Gerade die wohnungsnahe Grundversorgung im Bereich Gesundheit und Wohlergehen sowie Bildung muss durch die Kommunen gefördert werden, um attraktiv für neue Beschäftigte zu werden, aber auch um attraktiv für die derzeitige Bevölkerung zu bleiben. Neben der integrierten Planung kann auch ein direktes Förderprogramm zur Stärkung der Gesundheitsversorgung, insbesondere die Ansiedlung von Hausärztinnen und Apotheken in wohnungsnahen Gebieten helfen. Dies kann durch Förderprogramme für Mediziner:innen, finanzielle Anreize zur Niederlassung in Kleinstädten und Kooperationen mit Gesundheitsdienstleistern erreicht werden.
Empfehlung: Ausbau von Bildungsinfrastruktur durch gezielte Investitionen und Partnerschaften
Um die wohnungsnahe Grundschulversorgung und frühkindliche Bildung für Kinder unter drei Jahren in kleineren Kreisstädten nachhaltig zu stärken, sind gezielte Investitionen und strategische Partnerschaften zentrale Ansätze. Ein gezielter Ausbau der Bildungsinfrastruktur erfordert, dass Kommunen Fördermittel nutzen, um den Bau neuer Grundschulen und Kindertageseinrichtungen in Wohngebieten voranzutreiben. Dies gewährleistet eine bessere Erreichbarkeit und kann die Bildungsgerechtigkeit erhöhen, indem mehr Kinder wohnortnah gefördert werden. Neben Neubauten können auch ungenutzte oder wenig genutzte Gebäude umfunktioniert werden, um zusätzliche Bildungsräume zu schaffen und gleichzeitig Kosten für Neubaumaßnahmen zu senken. Dabei bieten multifunktionale Bildungszentren eine effiziente Lösung: Durch die gemeinsame Nutzung von Räumen können Grundschulen und frühkindliche Bildungsstätten unter einem Dach betrieben werden, was nicht nur die Nähe zu den Familien erhöht, sondern auch Synergien in der Verwaltung und Ausstattung schafft. Dabei sollte eine quartiersbezogene Kontextualisierung berücksichtigt werden, die Stadtteile als Lernlandschaften einbindet.
Ein weiterer zentraler Aspekt für den erfolgreichen Ausbau der Bildungsinfrastruktur ist die Förderung von öffentlich-privaten Partnerschaften. Insbesondere in kleineren Städten können Kooperationen mit privaten Trägern und Unternehmen den Bau und Betrieb von Kindertagesstätten und Bildungseinrichtungen beschleunigen. Kommunen könnten finanzielle Anreize wie Mietzuschüsse, Investitionszuschüsse für die Ausstattung oder steuerliche Vorteile anbieten, um Unternehmen und private Träger zur Beteiligung an Bildungsprojekten zu motivieren. Diese Partnerschaften entlasten die öffentlichen Haushalte, schaffen aber dennoch qualitativ hochwertige und wohnungsnahe Bildungsangebote für junge Familien. Durch diese Verbindung von gezielten Investitionen und strategischen Partnerschaften können kleinere Kreisstädte eine Bildungsinfrastruktur schaffen, die nachhaltig, flexibel und auf die spezifischen Bedürfnisse der Region ausgerichtet ist. Beide Maßnahmen können auch dabei helfen die Kinder- und Jugendarmut auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau zu halten und die negative Dynamik umzukehren.